Eine Region schließt sich zusammen

Erfolgsgeschichten der Windenergie verschlagen uns nicht selten in den Norden Deutschlands. Nördlicher als für diese Geschichte geht es allerdings fast nicht, denn wir reisen direkt an die dänische Grenze, zu den nördlichsten Festlandgemeinden des Landes: zum Amt Südtondern. Hier finden wir zwei Dinge, die für unsere „Wind beflügelt“-Kampagne besonders relevant sind: Viel Windkraft und einen tief verwurzelten Gemeinschaftssinn. 

Über 40 Windparks können die rund 30 Südtonderner Gemeinden inzwischen verzeichnen. Sie umfassen 263 Windenergieanlagen mit einer Leistung von rund 800 Megawatt. Allein das ist ein riesiger Vorteil für die Anwohner*innen der Region, die damit große Mengen an günstiger und sauberer Energie direkt aus der Region beziehen können.

Doch noch etwas anderes hat sich herauskristallisiert: Gemeinsam mit den Windparkbetreiber*innen konnten durch Gewinne, Steuern, Spenden und Fördergelder immer mehr Projekte in der Region finanziert werden, die auch außerhalb der Energieerzeugung liegen.

Erneuerbare verbessern medizinische Versorgung

Eines der besten Beispiele dafür finden wir in der Klinik der Kleinstadt Niebüll. Im Jahr 2020 leistete sie sich eine große Anschaffung: ein brandneues digitales Mammographiegerät. Doch wie war diese Anschaffung finanziell möglich? Die Antwort lautet: Mit Spenden von außerhalb – aus einer gemeinsamen Initiative des Fördervereins der Klinik und des angrenzenden Windparks Herrenkroog. 

Wie sich herausstellte, war die Wichtigkeit dieser Errungenschaft immens. Nicht nur, weil das Gerät wichtige präventive Arbeit in der frühzeitigen Erkennung von Brustkrebs leisten kann. Dass dies nun in Niebüll zur Verfügung steht, bedeutet für viele Frauen in der Region deutlich kürzere Fahrtwege, als zum Beispiel über 40 Kilometer in die Klinik des südlich gelegenen Husum fahren zu müssen. Die Zahlen zeigen es auch: Seit 2020 wurden in Niebüll schon über 5.000 Brustkrebsuntersuchungen vorgenommen. 

Schon dieses Beispiel belegt, dass die Windparkbetreiber*innen in Schleswig-Holstein nicht nur Energie zur Verfügung stellen, sondern auch die lokalen Kommunen vor Ort fördern möchten. Dabei sollte es auch nicht bleiben, denn die Spendenaktion war eine Blaupause für weitere Initiativen. Zuletzt konnte ein noch viel größeres Vorhaben in der Klinik finanziert werden: Die Anschaffung eines Magnetresonanztomographen (MRT), das ebenfalls im nördlichen Teil Schleswig-Holsteins noch nicht zur Verfügung stand. Auch hier taten sich die Windparks der Region zusammen und erhoben gemeinsam mit dem Spendenverein der Klinik mehr als eine Million Euro. Der Scheck, der die Finanzierung des Geräts nun ermöglicht, wurde übrigens erst kürzlich überreicht: am 29. Januar 2025! Noch in diesem Jahr soll die Niebüller Klinik mit dem MRT ausgestattet werden. 

Kommunale Beteiligung per Gesetz dank EEG

Noch größere Pläne werden aktuell geschmiedet – Pläne, die die kommunale Unterstützung durch Erneuerbare in Südtondern auf ein festes, geregeltes Fundament stellen sollen. Die rechtliche Grundlage dafür findet sich im Paragraph 6 des Erneuerbare-Energien-Gesetzes (EEG). Dieser besagt, dass Anlagenbetreiber von Windparks dazu aufgerufen sind, Gemeinden finanziell zu beteiligen. Dafür können sie insgesamt 0,2 Cent pro Kilowattstunde der eingespeisten Strommenge an die Gemeinden im Einzugsbereich der Windstandorte abgeben. Mit über 263 Windenergieanlagen in Südtondern bedeutet dies eine potenzielle zusätzliche Einnahme der Gemeinden von vier Millionen Euro jährlich!  

Dass die Windmüller der Region dies in Angriff nehmen wollen, zeigt eine besondere Initiative, die bereits 2022 ins Rollen gebracht wurde. Dort begannen Windparkbetreiber der Region wie Arne Möbest von Cimbergy erste Gespräche mit dem politischen Vertreter des Amtes Südtondern, Amtsvorsteher Ingo Böhm. Schon bald ergab sich eine Idee: Die Windparks könnten sich verpflichten, die genannten 0,2 Cent pro Kilowattstunde an ihre jeweiligen Gemeinden abzugeben. Die Gemeinden reichen das Geld an einen gemeinsamen Südtondern-Topf weiter und entscheiden über die Verwendung der gesammelten Gelder. Aus diesem Topf können diese finanziellen Mittel dann ganz im Sinne des gemeinschaftlichen Zusammenhalts unter dem Motto „Wir sind Südtondern“ verteilt und dort genutzt werden, wo man sie am dringendsten benötigt – solidarisch von der Region für die Region.

Den Projekten, die so zusammen finanziert werden könnten, sind dabei keine Grenzen gesetzt, egal ob das Geld für Kultur, Infrastruktur, Bildung, Gesundheitsversorgung oder individuelle Vorhaben der Gemeinden verwendet werden soll. Alles ist möglich, ermöglicht durch die Einnahmen aus der Windenergie! Seitdem laufen die Gespräche – die Vertreter*innen der Initiative besuchen regelmäßig die Gemeinden in Südtondern und bewerben die Idee. Mit viel Erfolg, wie es scheint, denn es gab bereits viele Zustimmungen, sich dem Projekt anschließen zu wollen. Welche Form genau dieses Vorhaben annehmen kann, das wird aktuell noch geklärt, denn ein solcher Fördertopf braucht natürlich einen rechtlich sicheren Boden.

Unsere Reise endet hier, aber der Prozess vor Ort geht weiter und wir wünschen viel Glück, dass diese neue Dimension der gemeinschaftlichen Unterstützung bald erschlossen werden kann!