Kitt für die Gesellschaft

Gemeinsam Handball spielen macht nicht nur Spaß; Vereine sind auch eine Schule fürs Leben. Rund 90.000 Sportvereine gibt es in Deutschland. Hier werden Kindern neben Fußball-, Judo- oder Handballtechniken auch gesellschaftliche Werte vermittelt. Diese wertvolle Arbeit wird vielerorts durch Sponsoring unterstützt. Auch Unternehmen aus dem Bereich der Erneuerbaren Energien engagieren sich hier.

Die erste Mannschaft des Handballvereins VfL Potsdam ist 2024 in die 1. Bundesliga aufgestiegen. Ein Riesenerfolg für die Profis. Doch jeder fängt mal klein an. Am anderen Ende des Spektrums lernen derweil die vierjährigen Minis den Umgang mit dem Ball. Bei ihnen geht es noch nicht um taktische Finessen, sondern um die Freude an der Bewegung.

Frank Hanisch trainiert seit über 35 Jahren mit Begeisterung Kinder und Jugendliche beim VfL Potsdam. »Ein Kind muss Sport treiben«, ist er überzeugt. »Es muss hinfallen und aufstehen können.« Doch selbst das fällt vielen Kindern heute schwer. Hier beginnt die Basisarbeit von Frank Hanisch. Durch das Training wächst Schritt für Schritt nicht nur die Körperbeherrschung der Jüngsten, sondern auch ihr Selbstvertrauen. Und dann ist da noch der gesellschaftliche Aspekt seiner Arbeit. Beim Sport wächst eine Gruppe von Menschen aus den unterschiedlichsten sozialen und kulturellen Hintergründen zu einem Team zusammen, das auf ein gemeinsames Ziel hinarbeitet. Natürlich wird nicht aus jedem Jugendspieler ein Profi. Das ist auch nicht Anspruch und Ziel. »Die Kinder und Jugendlichen sollen Spaß am Sport haben«, betont der Nachwuchstrainer. Das sei das Wichtigste. 

Gleichzeitig lernen schon die Kleinsten im Training viele Regeln des täglichen Zusammenlebens. Das fängt beiden einfachsten Umgangsformen an, die so manchem nicht geläufig sind. »Wer kommt, der grüßt«, nennt Hanisch eine davon. Sich entschuldigen, wenn man zu spät kommt. Respektvoll miteinander umgehen, sich im Team ein- und unterordnen. Vor dem anderen nicht mit den eigenen teuren Klamotten zu prahlen. »Viele kennen das von zuhause nicht.« 

Frank Hanisch selbst motiviert es immer wieder aufs Neue zu erleben, wie sich seine Schützlinge sportlich und sozial weiterentwickeln. Auch er stellt fest, dass der Ton in der Gesellschaft rauer wird. Dennoch ist er niemand, der auf die Jugend von heute schimpft. Manche Väter und Mütter seien da bei Trainings und Spielen zuweilen herausfordernder als ihr Nachwuchs. Auch sie gehören zum Vereinsleben. Denn mit den Kindern verankern sich auch die Familien in einer vom Ehrenamt getragenen Struktur. Eltern und Großeltern bringen die Kleinen zum Training und zu den Spielen und verbringen die Zeit mit Schicksalsgenossen. Sie waschen Trikots, helfen beim Catering und übernehmen, wenn sie früher selbst Handball gespielt haben, auch mal das Training. So wird ein Verein über den Sport hinaus zu einem sozialen Organismus. Frank Hanisch selbst ist durch sein ehrenamtliches Engagement mittlerweile zum angestellten Kinder- und Jugendtrainer geworden. »Wir sind wie eine große Familie«, bekräftigt er.

Eine Familie, die für Unterstützung durch Sponsoren dankbar ist. »Ohne Sponsoren funktionieren weder Profi- noch Breitensport«, sagt Frank von Behren, Geschäftsführer beim VfL Potsdam. Sponsoren statten die Nachwuchsmannschaften zum Beispiel mit den vielen notwendigen Trikotsätzen aus, sie finanzieren Minibusse mit, mit denen der Nachwuchs zu seinen Auswärtsspielen fährt. Und sie bezuschussen Trainingslager, damit auch Kinder aus sozial schwachen Familien daran teilnehmen können.

Für die Potsdamer Handballer ist der Aufstieg in die 1. Bundesliga mit einer neuen Struktur verbunden. Das Profigeschäft wurde in eine GmbH ausgegliedert. In diese fließen nun auch viele der Sponsorengelder. Doch Profi- und Breitensport im Verein sind aber nach wie vor miteinander verbunden. Die Profispieler sind wichtige Vorbilder für den Nachwuchs im Verein, der Aufstieg hat das Interesse am Training beflügelt. »Du brauchst die Profimannschaft, um die Kinder für den Sport zu begeistern«, sagt von Behren. Am Ende sitzen alle im gleichen VfL-Boot, verbunden durch die Begeisterung für den Handball, durch ihren Verein. Von Behren: »Wenn du gemeinsam an der Bande stehst und bei einem Spiel mitfieberst, spielt es keine Rolle, ob Du Geschäftsführer bist oder ein Jugendlicher, der kaum Deutsch spricht.«

Der VfL Potsdam ist bekannt für seine Jugendarbeit, die weit über den Verein hinausstrahlt. 15 Mannschaften mit insgesamt 150 Kindern und Jugendlichen trainieren wöchentlich in einer der Potsdamer Hallen, darunter 50 Minis und je drei Mannschaften der E- und D-Jugend. Neben dem regulären Trainingsbetrieb veranstaltet der VfL viermal im Jahr mehrtägige Camps in Potsdam, an denen auch Kinder anderer Vereine teilnehmen. Auch die Sommerfreizeit an einem Brandenburger See steht allen Kindern aus der Region offen. 120 Jungen und Mädchen haben so jeden Sommer die Chance, am Werbellinsee in der Uckermark preiswerte und abenteuerreiche Ferien zu verbringen. Dort erlebt Hanisch immer wieder, wie wichtig diese Sommercamps sind. »Bei der Verabschiedung fließen manchmal Tränen.«

»Die Camps sind eine großartige Art, Bindungen aufzubauen und den Kindern und Jugendlichen etwas anzubieten, das sie sich sonst vielleicht nicht leisten können«, bekräftigt Geschäftsführer von Behren. Der frühere Handball-Nationalspieler ist für viele im Verein ein sportliches Vorbild. Auch er betont die gesamtgesellschaftliche Aufgabe des VfL, möchte, dass der Nachwuchs hier »Respekt, Fairplay, Toleranz« lernt. Der Verein steht jedem offen, egal ob sportlich oder nicht. Wer seine Rolle nicht auf dem Platz findet, der findet sie vielleicht hinter den Kulissen, beim Aufbau, beim T-Shirt-Verkauf oder an der Getränkeausgabe. Alle sind Teil der VfL-Familie.

Text von Petra Krimphove.