Energie, die verbindet – Wie der Windpark Hoort zeigt, was Bürgerwind leisten kann

Am Horizont drehen sich die Windenergieanalgen fast geräuschlos im Wind. Es ist ein vertrautes Bild geworden für die Menschen in Hoort – einem kleinen Ort mit knapp 1.000 Einwohnerinnen und Einwohnern südlich von Schwerin. Doch was hier entstanden ist, geht über die üblichen Windparks hinaus: Der Windpark Hoort steht für eine neue Generation der Energiewende – eine, die nicht über Dörfer hinwegrollt, sondern von ihnen getragen wird.

Der Anfang: Wind mit Weitblick

Die Geschichte beginnt 2012, als die Gemeinde über die Ausweisung von Windeignungsflächen informiert wird. Statt mit Widerstand zu reagieren, beschließt man: Wenn Windräder kommen, dann sollen sie der Region gehören – zumindest teilweise. Hoort wird zur Pilotkommune für bürgernahe Energiepolitik in Mecklenburg-Vorpommern.

„Wir wollten kein Projekt, das über uns hinweggeht. Jetzt profitieren wir mit – finanziell und gesellschaftlich“, sagt Bürgermeisterin Iris Feldmann. Sie war von Beginn an treibende Kraft hinter dem Vorhaben, zusammen mit der Gemeindevertretung und starken Partnern. Die kommunale mea Energieagentur MV und der Projektentwickler Loscon GmbH halfen dabei, das Projekt strukturell und wirtschaftlich tragfähig aufzubauen.

Über mehrere Jahre hinweg wurde geplant, abgestimmt, genehmigt – mit regelmäßigen Bürgerversammlungen, klarer Kommunikation und dem Versprechen: Hier entsteht etwas für alle.

Technische Dimensionen: Groß gedacht, lokal verankert

Im Jahr 2020 gehen die ersten Windräder ans Netz. Bis Ende 2021 stehen insgesamt 16 Windenergieanlagen des Typs Nordex N131 auf den Feldern um Hoort. Mit einer Nabenhöhe von 134 Metern und einer Nennleistung von jeweils 3,6 Megawatt bringen sie es gemeinsam auf eine Gesamtleistung von 57,6 Megawatt.

Der Jahresertrag liegt bei etwa 141.000 Megawattstunden Strom – genug, um den durchschnittlichen Verbrauch von rund 20.000 Haushalten zu decken. Gleichzeitig spart der Park jährlich über 140.000 Tonnen CO₂ ein. Damit zählt er zu den leistungsfähigsten Bürgerwindprojekten im Land.

Zudem ist der Windpark mit bedarfsgesteuerter Nachtkennzeichnung ausgestattet – die roten Warnlichter leuchten nur bei erkanntem Flugverkehr. „Für viele Anwohner war das ein wichtiges Zeichen, dass wir nicht nur auf Ertrag, sondern auch auf Lebensqualität achten“, erklärt Projektleiter Birger Graubmann von der Loscon GmbH. „Wir haben mit vielen gesprochen, auch mit Skeptikern. Heute sehen die meisten: Es funktioniert – und zwar für uns.“

Beteiligung, die wirkt

Was den Windpark Hoort besonders macht, ist die konsequente Einbindung der Menschen vor Ort. 25 Prozent der Projektanteile wurden für Bürgerinnen und Bürger sowie umliegende Gemeinden geöffnet – deutlich mehr als gesetzlich vorgeschrieben. Neben Hoort konnten sich auch Uelitz, Warsow, Rastow und weitere Orte beteiligen.

Vier der Windräder sind vollständig in Bürgerhand. Finanziert wurden sie unter anderem durch kommunale Mittel, private Beteiligungsgesellschaften und zinsgünstige Kredite. Die Gemeinde selbst hat ebenfalls investiert – und profitiert seitdem regelmäßig. Mehrere zehntausend Euro fließen jährlich in den kommunalen Haushalt, etwa für Spielplätze, den Sportverein oder die Ausstattung des Dorfgemeinschaftshauses.

„Die Beteiligung am Windpark ist ein Meilenstein – für die Gemeinde, aber auch für die Akzeptanz der Energiewende“, betont Christian Pegel, damaliger Energieminister von Mecklenburg-Vorpommern. Für ihn ist Hoort ein Modellfall, wie regionale Energiewende konkret und gerecht umgesetzt werden kann.

Auch Bürgermeisterin Iris Feldmann zieht eine positive Bilanz: „Die Bürgerinnen und Bürger sehen, dass sich ihr Engagement auszahlt. Und das stärkt das Vertrauen – nicht nur in das Projekt, sondern in die Energiewende insgesamt.“

Modellcharakter für das ganze Land

Heute ist der Windpark Hoort längst mehr als ein lokales Infrastrukturprojekt. Zahlreiche Kommunalvertreter und Energieexperten aus anderen Regionen haben sich bereits vor Ort informiert. Die Kombination aus professioneller Umsetzung, technischer Innovation und echter Bürgerbeteiligung gilt vielen als Vorbild für ähnliche Vorhaben.

Und sie zeigt: Es geht auch anders – nicht über Köpfe hinweg, sondern mit den Menschen gemeinsam.

Fazit: Ein Dorf, das Verantwortung übernimmt

Hoort hat vorgemacht, wie die Energiewende im ländlichen Raum gelingen kann: mit frühzeitiger Einbindung, fairen Beteiligungsmöglichkeiten und echtem Gemeinschaftsgeist. Der Windpark ist nicht nur ein Symbol für die Kraft des Windes – sondern für die Kraft einer Dorfgemeinschaft, die sagt: Wir gestalten unsere Zukunft selbst.

Wind beflügelt – und in Hoort trägt er alle mit.

Text von Hildegard Thüring.